3i informiert – Marktbericht Q4 2022
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willkommen zum Q4/2022 Marktbericht des 3i-Institutes.
Das vierte Quartal 2022 lieferte eine Vielzahl von relevanten Entwicklungen für die Real- und Finanzwirtschaft, was sich unter anderem auch in den Börsenkursen widerspiegelte.
Im Oktober senkte der internationale Währungsfonds (IWF) seine globale Wachstumsprognose erneut nach unten und rechnet im kommenden Jahr mit nunmehr 2,7 % Wachstum. Im Sommer hatte der IWF für 2023 noch ein Wachstum der Weltwirtschaft von 2,9 % vorhergesagt. Für 2022 wurde die Erwartung ebenfalls gesenkt, und zwar auf 3,2 % von zuvor 3,6 % (April 2022).
Ein entscheidender Hintergrund für die negative Anpassung war der erhöhte Preisdruck, der durch die westlichen Sanktionen gegen Russland entstanden ist und damit die Kosten der Weltwirtschaft erhöht hat.
Am 8. November, nach den ersten beiden Präsidentschaftsjahren von Joe Biden, fanden die Kongresswahlen bzw. Zwischenwahlen (Midterm Elections) in den USA statt, die einen beruhigenden Einfluss auf die Märkte hatten. Die politische Zitterpartie war vorbei und Anleger sollten keine Überraschungen mehr fürchten. Ein geteilter Kongress mit einer Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus und einer Mehrheit der Demokraten im Senat sollten extreme politische Ausschläge verhindern.
Im Dezember setzen sich dann die Zinserhöhungen fort. Sowohl die US-Notenbank als auch die EZB verringerten die Höhe der Zinsanpassungen von 0,75 % auf 0,50 %, was ebenfalls einen beruhigenden Einfluss auf die Börsen hatte. Auch die Öffnung Chinas mit dem partiellen Ausstieg aus der rigiden Corona-Politik lieferte einen Lichtblick für die Wirtschaftsaussichten Chinas und die Weltwirtschaft - auch im Hinblick auf potenziell verringerte Lieferkettenprobleme. Politisch setzte sich jedoch die zunehmende Teilung der Welt fort. Westlich orientierte Länder verstärkten das Sanktionsregime gegenüber Russland. In der EU wurde am 16. Dezember das neunte Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet, was vor allem ein uneingeschränktes Einfuhrverbot für auf dem Seeweg befördertes russisches Rohöl und die mit den G7-Partnern vereinbarte weltweite Ölpreisobergrenze beinhaltete. Die restliche Welt (circa 65 % der Weltwirtschaft, Basis Kaufkraftparität), die bisher nicht an Sanktionen teilnimmt, erfreut sich vergleichsweise überwiegend attraktiver Wirtschafts- und Investitionsbedingungen.
Aufgrund der global stabilisierten Versorgungslage, der Rückgänge des Inflationsanstiegs sowie einer weniger aggressiven Zinspolitik seitens der Zentralbanken (Höhe der Zinsschritte) dominierte eine moderate Risikobereitschaft bei den Anlegern. Im vierten Quartal konnten somit die Aktienmärkte unter Schwankungen zulegen.
Performancezahlen Q4 2022 von ausgewählten Indices:

Aufgrund der niedrigen Bewertung von Aktien und Anleihen haben wir daher in diversen Portfolios kleinere Zukäufe von Unternehmensanleihen und globalen Staatsanleihen vorgenommen. Positionen im defensiven Gesundheitssektor wurden leicht aufgestockt sowie die übergewichtige Investition auf den damals starken US-Dollar Anfang/Mitte November aufgelöst, was im Nachhinein die richtige Entscheidung war, da der Euro gegenüber dem US-Dollar seit November ca. 8 % Prozent gut gemacht hat.
*Performance in der jeweiligen Landeswährung

Rückblick 2022:
Das Wort „Zeitenwende“, welches von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres 2022 ernannt wurde, beschreibt das Börsenjahr nur zu gut.
Denn alles, was wir in den letzten Jahren gewohnt waren – niedrige Teuerungsrate, expansive Geldpolitik, geringes geopolitisches Risiko – hat sich im Jahr 2022 geändert. Es war eines der schlechtesten Börsenjahre seit Langem und kaum an Herausforderungen zu übertreffen, denn nach dem externen Schock, dem Angriffskrieg in der Ukraine im Frühjahr 2022, kannten die Börsen lange Zeit nur noch den Weg nach unten.
Sprunghaft steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise führten zu einer Inflationsbeschleunigung und einem Inflationsniveau, welches es in Deutschland seit 1951 nicht mehr gegeben hatte.
Die Notenbanken kamen dadurch zunehmend unter Druck und mussten stärker und schneller als zu Jahresbeginn erwartet auf die geldpolitische Bremse „treten“. Die US-Notenbank FED erhöhte im abgelaufenen Börsenjahr siebenmal die Zinsen von 0,25 % auf 4,5 %. Auch die europäische Notenbank EZB erhöhte im Jahr 2022 ihren Leitzinssatz in vier Schritten um jeweils insgesamt 250 Basispunkte.
Die höheren Leitzinsen sowie der Liquiditätsentzug („Ende von Quantitative Easing“) belasteten Aktien und Anleihen gleichermaßen. Anleihen hatten vergangenes Jahr somit keinen sinnvollen Diversifikationseffekt zu Aktien und mussten ebenfalls zweistellige Prozente an Verlusten hinnehmen. Zusätzlich drückten die chinesische Zero-Covid-Politik, die anhaltenden Lieferkettenprobleme sowie eine hohe Volatilität durch Befürchtungen einer anhaltend hohen Inflation und einer drohenden Rezession auf die Stimmung der Anleger.
Wertentwicklung 2022 der populärsten Anlageklassen:

Dies führte zu einer großen Branchen- und Strategierotation und zu einem Umbruch innerhalb des Marktes. Viele Value- und zyklische Titel wie z.B. Versorger, Konsumgüter und vor allem Energiekonzerne etc., welche die Marktpreismacht besitzen und die erhöhten Kosten an die Kunden weitergeben konnten, waren die Profiteure des Krisenjahres.
Ganz anders sah es bei den jahrelang gutlaufenden Growth- und Technologiewerten aus, die die künftigen Gewinne und Cashflows mit höheren Zinsen abdiskontiert müssen.
Wertentwicklung 2022 der globalen MSCI-Sektoren:
*Performance in der jeweiligen Landeswährung

Philip Morgen
Oliver Morgen
&
Ausblick 2023:
Dass nach dem Sturm stets Sonnenschein kommt, ist an der Börse nicht immer der Fall. Denn die Kapitalmärkte werden weiter von den Themen Inflation und Geldpolitik geprägt sein, sodass weiter mit einer hohen Volatilität an den Aktien- und Anleihenmärkten zu rechnen ist. Es gibt aber viele gute Gründe, verhalten optimistisch und konstruktiv ins neue Börsenjahr zu gehen.
Mit dem nachlassenden Inflationsdruck sollte der Zinsdruck durch die FED nachlassen und es besteht die Hoffnung eines "soft landings" der US-Wirtschaft. Auch in China könnte sich die Lage bessern und die Wirtschaft auf einen moderaten Wachstumspfad zurückkehren. Der Fokus der Märkte könnte von Inflation zurück zu Wachstum wechseln. Aktien, besonders in Europa und den Schwellenländern, sind moderat bewertet. Anleihen bieten mittlerweile wieder attraktivere Renditen. Zudem sind die Kassenbestände vieler Anleger hoch, sodass die Nachfrage die Kurse ebenfalls befeuern könnten.
Es bleibt also spannend, und Gründe, sich mit den Aktienmärkten zu beschäftigen, gibt es nach wie vor mehr als genug. Denn auch wenn es auf dem Sparbuch, Tages- und Festgeld nun wieder Zinsen gibt und keine Verwahrentgelte mehr drohen, so ist die Realverzinsung (also die Verzinsung nach Abzug der Inflation) nach wie vor negativ.
Unabhängig von den Entwicklungen der Kapitalmärkte wünschen wir Ihnen einen guten Start ins neue Jahr 2023, viel Erfolg und vor allem Gesundheit.
Sofern Sie Fragen zu Ihrem Portfolio, zu Ihrer Finanzanlage oder generelle Themen zur Geldanlage haben, kommen Sie gerne jederzeit auf uns zu. Wir vom 3i-Institut unterstützen Sie gerne.
Mit besten Grüßen
*Performance in der jeweiligen Landeswährung